von Klaus Faißner, Österreich *
So erfreulich es ist, dass endlich die Debatte um die Gentechnik-Kennzeichnung von tierischen Produkten in Gang gekommen ist: Alles was wir brauchen, sind klare Fakten und Taten statt schöner Worte. Gemeinsam machen wir Österreich gentechnikfrei!
93 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher wollen keine Gentechnik am Teller.1 Mehr als 1,2 Millionen Staatsbürger haben sich 1997 für ein Gentechnikverbot ausgesprochen – kein parteiunabhängiges Volksbegehren hatte je mehr Unterstützer. Doch wie schaut es angesichts der von Gesundheitsminister Alois Stöger losgetretenen Debatte um die Kennzeichnung von tierischen Produkten wirklich aus?
Nützen wir die Diskussion, Klarheit in die Diskussion zu bringen und ebenso klare Forderungen aufzustellen.
Die Fakten
• Dank des grossen Widerstandes der Menschen wurden in Österreich (zumindest offiziell) noch nie Gentechnik-Pflanzen freigesetzt.
• Aber: Jedes Jahr werden Hunderttausende Tonnen Gensoja an Tiere (vor allem Schweine und Hühner) verfüttert. 2009 waren es exakt 500 000 Tonnen oder 95 Prozent des gesamten verfütterten Sojas.2 Es gibt jedoch genügend gentechnikfreies Soja am Weltmarkt, um den gesamten Futtermittelbedarf der EU abzudecken.
• Mit anderen Worten: Fast alle Österreicher – ausser denjenigen, die zu biologischen oder gentechnikfrei gekennzeichneten Lebensmitteln greifen – essen gegen ihren Willen «Gen-Fleisch» (oder «Gen-Eier»). Denn Abschnitte der gefütterten Gentechnik-Pflanzen sind in tierischen Produkten nachweisbar.3 Damit gefährden wir nicht nur unsere Gesundheit,4 sondern unterstützen auch noch die Gentechnikindustrie.5
• Obwohl in Österreich keine Gentechnik-Pflanzen angebaut werden, dürfen 24 (!) gentechnisch veränderte Organismen den Tieren verfüttert werden. Dies sind neben Gensoja (3 Sorten), Genmais (18 Sorten), Genraps, Gen-Zuckerrübe, Gen-Kartoffeln (je 1 Sorte). Dazu kommen 6 Gen-Baumwollsorten, die auch als Futtermittel zugelassen wurden. Ob diese Gentechnik-Pflanzen nach Österreich kommen und, wenn ja, in welcher Menge, ist unbekannt.6
• Es werden nur deshalb so gigantische Mengen Gensoja den Tieren in Österreich verfüttert, weil dies nicht gekennzeichnet werden muss. Eine freiwillige Kennzeichnung gibt es bereits,7 ein zusätzliches staatliches Siegel, wie von Minister Stöger vorgeschlagen, würde an der Situation nichts ändern.
• Die verpflichtende Gentechnik-Kennzeichnung ist EU-weit geregelt und dementsprechend skandalös: Tierische Produkte sind ausgenommen, und eine Verschmutzung bis 0,9 Prozent von aussen muss nicht deklariert werden – seit 1. Januar 2009 auch nicht bei Bio- und Gentechnikfrei-Produkten.8 Das ist rückgängig zu machen.
• Das offizielle Österreich wehrt sich gegen eine EU-weite Kennzeichnung tierischer Produkte! Laut der deutschen Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) stehe die pro Gentechnik ausgerichtete (!) deutsche Regierung mit ihrer Forderung nach einer solchen Kennzeichnung alleine da.9 Zuständig in Gentechnik-Fragen sind die Minister Stöger (SPÖ) und Berlakovich (ÖVP).
• Die Schweiz als Vorbild: Sie hat nicht nur ein Verbot für den kommerziellen Gentechnikanbau erlassen, sondern auch das Gensoja aus den Futtermitteln verbannt – 99,99 Prozent der importierten Futtermittel sind gentechnikfrei.10 Drei Faktoren machten dies möglich: Die Souveränität, die direkte Demokratie (= Volksabstimmungen, wann immer es die Menschen wollen) und das Bewusstsein der Menschen, wie kostbar Lebensmittel sind. Neutral, frei, gentechnikfrei und selbstbestimmt – das sollte auch unser Ziel sein!11
Aktionen
• Kaufen Sie – vor allem bei Fleisch und Eiern – biologische oder gekennzeichnete gentechnikfreie Produkte. Das beste Produkt zum billigsten Preis gibt es nicht.
• Drucken Sie die angehängten Kupons der «Bioniere»12 (Vor- und Rückseite) aus, füllen diese aus und geben Sie diese beim Filialleiter im Supermarkt ab. Wenn Hunderte und Tausende Menschen gentechnikfreies Geflügel verlangen, wird der Handel bald auch umstellen!
• Konfrontieren Sie Entscheidungsträger mit den Fakten. Nur Taten zählen, keine schönen Worte. Halten Sie ihnen bei jeder Gelegenheit den Art. 1 der österreichischen Bundesverfassung unter die Nase: «Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.»13
• Überlegen wir uns, ob wir nicht eine Volksabstimmung über ein Gentechnikverbot verlangen sollen – 32 Jahre nach Zwentendorf wäre es doch höchste Zeit für ein «Gensperrgesetz» analog dem «Atomsperrgesetz», oder?
Forderungen:
• Endlich Umsetzung des Gentechnik-Volksbegehrens von 1997 = ein Gentechnikverbot in Österreich – auch wenn dies das (Un-)Recht der WTO oder der EU nicht erlaubt. Das heisst:
• Keine Gentechnik am Teller (auch nicht über Futtermittel).
• Keine Patente auf Leben und
• keine Gentechnik am Acker (das dürfte schon erreicht sein).
• Sollte dies nicht möglich sein, ist der EU-Austritt zum Schutz unserer Lebensgrundlagen unumgänglich.
• Zusätzlich Unterstützung von Deutschland bei der Kennzeichnung tierischer Produkte auf EU-Ebene. •
* Klaus Faißner ist Autor des Buches «Wirbelsturm und Flächenbrand. Das Ende der Gentechnik».
Bestellung unter info@gentechnikverbot.at oder über den Buchhandel.
1 www.lebensministerium.at/article/articleview/82475/?SectionIDOverride=110
2 Zahlen des österreichischen Landwirtschaftsministeriums, veröffentlicht in der Zeitschrift top agrar Österreich 10/2010, www.topagrar.at
3 pressetext.com/news/100819001/gentech-pflanzen-verseuchen-milch-und-tiere/?phrase=gentechnik
4 Bei einer Studie der russischen Wissenschafterin Irina Ermakova starben 55,6 Prozent der Jungratten, deren Mütter während der Schwangerschaft Gensoja frassen. Bei den Vergleichsgruppen waren es zwischen 7 und 9 Prozent. Nähere Infos im Buch: Klaus Faißner «Wirbelsturm und Flächenbrand. Das Ende der Gentechnik»; Bestellung unter info@gentechnikverbot.at oder über den Buchhandel.
5 www.regnum.ru/english/526651.html. Weiter zeigt eine neue Studie die Schädlichkeit des bei Gensoja, Genraps, etc. verwendeten Spritzmittels Roundup www.keine-gentechnik.de/news-gentechnik/news/de/22576.html
6 Klaus Faißner «Wirbelsturm und Flächenbrand» www.gentechnikverbot.at
7 www.gentechnikfrei.at/
8 Klaus Faißner «Wirbelsturm und Flächenbrand. Das Ende der Gentechnik», Bestellung unter info(at)gentechnikverbot.at
9 www.topagrar.at/home/index.php?option=com_content&task=view&id=2010&Itemid=17 ;
www.bild.de/BILD/politik/2010/07/18/ilse-aigner/landwirtschaftsministerin-sagt-womit-wir-wegen-hitze-rechnen-muessen.html
10 www.gentechnologie.ch/pdfs/Import_2007.pdf
11 Formular für das EU-Austritts-Volksbegehren: www.webinformation.at/material/Unterstuetzungserklaerung_direkte_Demokratie.pdf
12 www.bioniere.org/PDFs/Gentech-frei%20
Gefluegel%203%20Abschnitte.pdf
13 www.wienerzeitung.at/linkmap/recht/verfassung1.htm
Wussten Sie, dass
• normales Geflügel mit gentechnisch verunreinigtem Futter aufgezogen wird?
• das Gen-Pflanzengift im Magen der so gefütterten Tiere nicht abgebaut wird (Univ.-Prof. A. Moser) und somit auch auf Ihrem Teller landet?
• Jahr für Jahr 550 000 Tonnen Gen-Soja nach Österreich eingeführt werden?
• die Gensoja-Plantagen für Futtermittel immer mehr Regenwälder ausrotten?
• gentechnikfrei gefüttertes Geflügel nur ein paar Cent mehr kosten würde?
Wir Bürger bestimmen, was in den Regalen steht! Glücklicherweise bestimmen letztendlich Wir Bürger, was erzeugt wird und was in den Regalen der Supermärkte steht. Deshalb sollten wir vor allem beim Kauf vom Geflügel ab sofort darauf achten, dass es entweder biologisch gefüttert wurde oder schon das grüne Gütezeichen «gentechnikfrei erzeugt» trägt. Das «Gentechnik-Geflügel» boykottieren wir einfach so lange, bis der Handel handelt!
Bitte füllen Sie deshalb den Anfrage-Abschnitt unten aus, und geben Sie ihn bei Ihrem nächsten Einkauf in Ihrem Supermarkt an der Kasse ab!
(Quelle: Zeit-Fragen Nr. 42/25.10.10)
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