Donnerstag, 5. Mai 2011

Ministerium vertraut Konzernen

Der weltgrößte Agrar- und Biotechnikkonzern Monsanto könnte sich in den USA schon bald selbst kontrollieren. In einem zweijährigen Pilotprojekt sollen Konzerne selbst die gesetzlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfungen ihrer Produkte durchführen. Das gab das US-Landwirtschaftsministerium Anfang April in einer Notiz im Bundesregister bekannt.

Demnach soll es Konzernen wie Monsanto in Zukunft selbst überlassen werden, die Auswirkungen gentechnisch veränderter Saaten auf die Umwelt festzustellen und zu bewerten. Alternativ könne die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfungen auch von den Konzernen an Dritte ausgelagert werden, wie US-Medien berichteten.

Das Ministerium begründet den Plan laut US-Wirtschaftsmagazin „Fast Company“ damit, das neue Prozedere sei „schneller, effizienter und kostengünstiger“. Darüber hinaus behält es sich weiterhin das letzte Wort bei der Entscheidung über die Sicherheit von Produkten vor.
„Lockerer Umgang“ des Ministeriums

Das US-Landwirtschaftsministerium sei schon bisher „locker“ mit der Kontrolle neuer Saaten umgegangen, so „Fast Company“. 2010 etwa stoppte ein US-Gericht den Anbau von gentechnisch veränderten Zuckerrüben von Monsanto, die vom Landwirtschaftsministerium bereits zugelassen worden waren. Das Gericht verlangte umfassendere Studien zu den Auswirkungen der modifizierten Pflanzen auf die Umwelt.

Das Landwirtschaftsministerium „wird lernen, dass sein Auftrag der Schutz von Bauern, Verbrauchern und der Umwelt ist und nicht der Reingewinn von Kapitalgesellschaften wie Monsanto“, hieß es damals vom Center for Food Safety (Zentrum für Lebensmittelsicherheit).
Herbizid mit gefährlichen Auswirkungen

Monsanto ist der weltgrößte Saatgutproduzent und wegen seines gentechnisch veränderten Saatguts umstritten. Bauern sowie Umwelt- und Verbraucherschützer beklagen, dass sich das veränderte Genmaterial mit dem konventioneller Pflanzen vermischt. Besonders heftigen Widerstand gibt es seit Jahren gegen das Unkrautvernichtungsmittel Roundup von Monsanto mit dem Hauptwirkstoff Glyphosat.

Saatgutproduzenten wie Monsanto machen Getreide, Sojabohnen und Mais gentechnisch gegen Glyphosat immun. Sind die gentechnisch veränderten Pflanzen dann auf dem Feld, kann der Landwirt mittels des Herbizids alle andere Pflanzen vernichten, ohne seiner gewünschten Nutzpflanze zu schaden. Mehrere Studien belegten allerdings die gefährlichen Auswirkungen von Glyphosat auf Mensch und Umwelt.
Sattes Umsatzplus auch dank Glyphosat

Monsanto ist an der Börse mit rund 36 Milliarden Dollar bewertet. Während einer Durststrecke hatte der Konzern rote Zahlen geschrieben. Neben Wetterkapriolen hatten auch billige Nachahmerprodukte der Firma zu schaffen gemacht. Im vergangenen Jahr profitierte der US-Konzern allerdings von der starken Nachfrage nach Saatgut- und Pflanzenbiotechprodukten.

Auch das lange Zeit geschrumpfte Geschäft mit Unkrautvernichtern legte weiter zu. Im zweiten Quartal seines Geschäftsjahres 2010/11 stand unter dem Strich ein Gewinn von einer satten Milliarde Dollar (699 Mio. Euro). Das sind 15 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Monsanto erzielte im Biotech- und Saatgutgeschäft insbesondere bei den Kulturen Mais und Baumwolle Zuwächse. Dabei lief das Maisgeschäft vor allem in den Anbauregionen USA, Brasilien und Europa gut. Im Geschäft mit Glyphosat-haltigen Unkrautvernichtern setzte das Unternehmen zehn Prozent mehr um.
Berlakovich für strengere EU-Regeln

Als Reaktion auf den ORF.at-Bericht betonte Umweltminister Nikolaus Berlakovich am Sonntag in einer Aussendung, der Bock dürfe nicht zum Gärtner gemacht werden. Die Entscheidung des US-Landwirtschaftsministeriums sei „absolut absurd“. In Europa gebe es für die Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen ein eigenes Genehmigungsverfahren. Ein Eigenkontrollsystem - wie es nun in den USA versuchsweise eingeführt wird - dürfe es in Europa „keinesfalls“ geben. Berlakovich forderte zugleich, dass auch das „vergleichsweise strenge“ europäische Zulassungssystem etwa bei der Risikobewertung verschärft werden müssen.

ORF

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